
Weidehaltung für Rinder
Wer Rinder auf der Weide halten will, muss sich zahlreichen Herausforderungen stellen und eine ganze Reihe von Entscheidungen treffen. Verschiedene Weidesysteme, saisonale oder ganzjährige Freilandhaltung, Standortwahl, Krankheiten und Parasiten sowie eine tiergerechte Ausstattung der Weide sind nur einige Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt.
Verschaffen Sie sich mithilfe unserer Informationen und unserer Checkliste einen Überblick über die Anforderungen bei der Weidehaltung von Rindern und erfahren Sie alles darüber, wie Sie sie erfolgreich umsetzen und das volle Potenzial dieser Haltungsform ausschöpfen können.
Unsere BayWa-Services rund um die Rinderhaltung
Ob Fragen zu Weidehaltung, Rinderfutter oder Tiergesundheit, zu Bau oder Ausstattung des Kuhstalls – Mehr als 100 Jahre Erfahrung in der Landwirtschaft machen die BayWa zu Ihrem kompetenten Ansprechpartner für die Rinderhaltung. Unsere erfahrenen Expertinnen und Experten beraten Sie gern und entwickeln gemeinsam mit Ihnen individuelle Lösungen für Ihren Betrieb. Schreiben Sie uns einfach via E-Mail oder unser Kontaktformular oder besuchen Sie einen unserer BayWa-Standorte. Wir freuen uns schon auf Sie!
Vorteile und Herausforderungen bei der Weidehaltung von Rindern
Vorteile | Nachteile |
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Tiergesundheit und Wohlbefinden ✔ Weidegras versorgt das Rind preiswert mit Proteinen, Vitaminen (z. B. Betacarotin und Vitamin E) und weiteren wichtigen Nährstoffen
✔ Die Bewegung stärkt die Muskulatur und schont die Gelenke. Die Klauen werden gereinigt und trocknen leichter ab. Das reduziert die Anfälligkeit für Erkrankungen der Klauen und Gelenke.
✔ Die Fruchtbarkeit der Tiere wird gefördert.
✔ Die Rinder sind auf der Weide sauberer als in der Stallhaltung.
✔ Das natürliche Liegeverhalten wird unterstützt, die Tiere können sich, wie und wo sie wollen, ablegen.
Kosten ✔ Kosten für Futter können reduziert werden. Ferner drohen keine Verluste durch Konservierung und Lagerung.
✔ Geringerer Platzbedarf für die Lagerung von Gülle und Silage.
✔ Arbeitskosten können gesenkt werden, da weniger Aufwände für Ernte, Fütterung und Reinigung des Stalls anfallen. ✔ Eventuell höhere Preise aufgrund von Aufschlägen und Prämien für Weidemilch und Weidefleisch. |
Tiergesundheit und Wohlbefinden ✖ Die Beobachtung der Herde ist schwieriger. Krankheiten, Brunst oder schwierige Kalbungen fallen unter Umständen nicht so schnell auf.
✖ Die bedarfsgerechte Nähstoffversorgung kann nicht so gezielt gesteuert werden.
✖ Extreme Wetterbedingungen können die Weidehaltung erschweren.
Aufwand und Planung ✖ Bei Milchvieh: Der Einsatz von Melkrobotern auf der Weide ist herausfordernd und setzt eine sorgfältige Planung voraus.
✖ Wirtschaftsdünger kann eventuell nicht gezielt ausgebracht werden.
✖ Aufwand für Zäune, Wasserstellen, Treibwege, Weidepflege, Straßenreinigung etc. erfordern eine genaue Kosten-Nutzen-Abwägung und Planung.
✖ Bestehende Stallflächen werden nicht genutzt. |

Diese Rinder eignen sich für die Freilandhaltung
Die Wahl der geeigneten Rinder für die Weidehaltung hängt von vielerlei Faktoren ab.
Grundvoraussetzungen bei den Tieren sind in erster Linie:
- ein guter gesundheitlicher Zustand (insbesondere der Gliedmaßen) und stabile Kondition
- Vitalität, Stressresistenz und gute Sozialverträglichkeit
- Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten
- eine effiziente Verwertung des Weidefutters
- eine leichte Abkalbung und gute Muttereigenschaften bei Mutterkuhhaltung
Dies gilt insbesondere für die ganzjährige Freilandhaltung.
Nicht beziehungsweise weniger gut für die Weidehaltung geeignet sind:
- ältere und/oder kranke Tiere
- aggressive oder besonders scheue Tiere
- Hochleistungsmilchrassen, die für die intensive Stallhaltung gezüchtet wurden
- Tiere, die stark auf hochkonzentrierte Futtermittel angewiesen sind
Rinderrassen für die Freilandhaltung
Die Rassewahl hängt unter anderem von den Standortbedingungen, dem Produktionszweck, den Eigenschaften der jeweiligen Rasse und der Weidedauer ab.
- Saisonale Weidehaltung sowie die Stunden- oder Halbtagsweide kann im Grunde mit allen Rinderrassen betrieben werden. Bevorzugt werden allerdings Extensivrassen und robuste Fleischrassen, die bei der Futterwahl weniger wählerisch sind.
- Für die ganzjährige Weidehaltung, die auch während der Wintermonate stattfindet, eignen sich insbesondere groß- und mittelrahmige fleischbetonte Zweinutzungsrassen wie Pinzgauer, Fleckvieh oder Gelbvieh. Robustrassen wie Galloway oder Schottische Hochlandrinder werden ebenso eingesetzt. Sie weisen alle eine ausreichend hohe Kälteresistenz sowie die Fähigkeit Fettreserven anzulegen auf.
- Kleinrahmige und mittelrahmige Rinder sind in Regionen mit nährstoffarmen Böden und begrenzter Vegetationsperiode im Vorteil, kommen auch mit Vollweide gut zurecht, produzieren im Mittel mehr Milch pro Kilogramm und verursachen aufgrund des geringeren Gewichts weniger Trittschäden.
- Großrahmige Tiere eignen sich besser für fruchtbare Niederungen mit hohem Grasaufwuchs.
Weidehaltung nach Produktionszweck
- Die Weidehaltung von Milchvieh wie Holstein-Friesian ist möglich und üblich, allerdings vor allem in der saisonalen Weide und Teilweide (Stundenweide oder Halbtagsweide). Besondere Herausforderungen stellen das Melken sowie ein potenzieller Rückgang der Milchleistung bei unzureichender Nährstoffversorgung dar. Hochwertige Weideflächen und zusätzliche Fütterung (im Stall) sind bei Milchkühen oftmals erforderlich.
- Weibliche und männliche (kastrierte) Mastrinder beziehungsweise Fleischrassen wie Limousin und Charolais sind gut für die Weidehaltung geeignet. Großrahmige Fleischrassen mit einer hohen Fleischleistung benötigen jedoch ausreichend energie- und nährstoffreiche Futtermittel. Robustrassen sind weniger anspruchsvoll sowie kälte- und nässeresistent. Etwas schwerer zu kontrollieren, aber dennoch geeignet sind Bullen, da sie sich unter Umständen aggressiver und territorialer verhalten.
- Die Mutterkuhhaltung auf der Weide hat sich gut etabliert, allerdings muss besonderes Augenmerk auf die Kalbung und die Kälber gerichtet werden. Insbesondere die Kalbung im Winter bei der ganzjährigen Freilandhaltung ist problematisch. Grundsätzlich sind die Kälber in den ersten Lebensmonaten empfindlicher gegen Wetter- und Umweltbedingungen. Eine regelmäßige und gewissenhafte Kontrolle ist daher unabdingbar. Ab etwa sechs Monaten ist Weidehaltung für Kälber gut möglich, insbesondere wenn die Fläche Schutzmöglichkeiten (Bäume oder Unterstände) bietet.
- Zweinutzungsrassen wie Fleckvieh oder Braunvieh sind meist eine ideale Wahl für Weidehaltung, da sie eine ausgewogene Milch- und Fleischleistung aufweisen und robustere Konstitutionen haben.

Die besten Weidesysteme bei der Rinderhaltung
Koppelweide, Portionsweide oder doch Mob Grazing? Weidesysteme gibt es in der Rinderhaltung viele. Lernen Sie die verschiedenen Formen der Weidehaltung kennen und verschaffen Sie sich einen Überblick über die jeweiligen Vorteile und Herausforderungen.
1) Umtriebsweide/Koppelweide
Bei der Umtriebsweide – auch Rotationsweide oder intensive Koppelweide genannt – wird die Weidefläche in mehrere Parzellen/Koppeln unterteilt. Die Anzahl der Parzellen kann je nach Jahreszeit variieren und ist in der Hauptwachstumszeit üblicherweise etwas niedriger als im Herbst. Bei Mutterkühen und bei Milchkühen sind in der Hauptwachstumsphase beispielsweise vier bis sechs Parzellen nötig, im Herbst acht bis zwölf.
Die Parzellen werden in einer festgelegten Reihenfolge nacheinander von den Rindern beweidet, bis das Futter je nach Flächengröße, Besatz und Bewuchs nach etwa drei bis zehn Tagen weitgehend auf etwa fünf Zentimeter Restaufwuchshöhe abgefressen ist. Dann erfolgt der Umtrieb zur nächsten Parzelle. Im Anschluss erhält jeder beweidete Bereich eine Ruhephase von etwa drei bis acht Wochen, in der sich der Bewuchs erholen kann. Die optimale Weidehöhe liegt bei zehn bis 15 Zentimetern; bei höheren Grasbeständen wird empfohlen, die Fläche zu mähen, um eine gleichmäßige Futterqualität zu erhalten.
Vorteile der Umtriebsweide | Nachteile der Umtriebsweide |
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✔ Die Parzellen werden gleichmäßig genutzt und können sich während der Ruhezeiten regenerieren. Dies verringert auch das Risiko einer Parasitenbelastung.
✔ Durch die Anpassung der Parzellengröße und der Umtriebsdauer kann das Futterangebot gut gesteuert werden. ✔ Die Umtriebsweide ist besonders geeignet, wenn Weideflächen nicht zusammenhängen oder nicht einheitlich sind.
✔ Im Vergleich zur Portionsweide ist der Arbeitsaufwand geringer, da seltener umgetrieben wird.
✔ Bei Trockenheit im Sommer reagieren Umtriebsweiden aufgrund der Bodenbeschattung robuster.
✔ Die Umtriebsweide kann gut mit der Portionsweide kombiniert werden. |
✖ Die Umtriebsweide erfordert ein gutes Management bei der Weiderotation und eine genaue Kenntnis der Weidebedarfe und -kapazität.
✖ Die Einzäunung – insbesondere bei festen Zäunen – erfordert Wartung und Pflege.
✖ Das Weidesystem birgt aufgrund des dichten Futterangebots ein höheres Blährisiko.
✖ Eine höhere Besatzdichte pro Koppel kann vor allem bei schlechter Witterung Trittschäden und eine stärkere Belastung der Grasnarbe verursachen.
✖ Der Umtrieb und die Gewöhnung an eine neue Parzelle sowie neue Wege zur Wasserversorgung können für die Herde Unruhe bedeuten. ✖ Eventuell sind mehrere Wasserstellen und Weideunterstände nötig, wenn die Anordnung der Parzellen es nicht anders zulässt. |
2) Portionsweide
Bei der Portionsweide – auch als Rationsweide, Ganz- oder Halbtagsweide bekannt – wird die Weidefläche in kleine Abschnitte unterteilt. Diese Abschnitte sind deutlich kleiner als die Parzellen bei der Umtriebsweide, sodass den Rindern meist täglich oder sogar mehrmals täglich eine neue, genau abgegrenzte Futterfläche zugeteilt werden muss. Da die Tiere dadurch veranlasst werden möglichst sauber abzuweiden, liegt der Weiderestanteil bei 15 bis 25 Prozent des Aufwuchses.
Die Portionsweidehaltung verlangt eine genaue Planung und Einhaltung gewisser Regeln, um eine hohe Futterqualität, Bodengesundheit und gleichmäßige Ausnutzung zu gewährleisten. Nach dem Abweiden, das längstens vier Tage dauert, benötigen die Abschnitte Ruhepausen, um sich zu regenerieren, andernfalls droht ein erhöhter Futterverlust. Die Weidehöhe sollte bei zehn bis 15 Zentimetern liegen.
Vorteile der Portionsweide | Nachteile der Portionsweide |
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✔ Das Futterangebot ist ausgewogen und gleichmäßig, die Futterqualität ist hoch, da das Gras jung und nährstoffreich bleibt.
✔ Das gleichmäßige Abweiden wird gefördert. Aufgrund der intensiven Ausnutzung weist die Portionsweide einen sehr hohen Flächenertrag auf.
✔ Die Portionsweide ist besonders für kleine Weideflächen geeignet. |
✖ Die Kosten und der Arbeitsaufwand für die tägliche Anpassung der Einzäunung, das Verstellen der Wasserstellen sowie für den Umtrieb sind hoch.
✖ Bei feuchter Witterung ist das Risiko für Trittschäden aufgrund der Trittbelastung sehr hoch.
✖ Die häufigen Umtriebe führen zu Unruhe in der Herde, für größere Herden ist die Portionsweide ungeeignet.
✖ Dünger wird nur ungleichmäßig verteilt. ✖ Das Risiko für Blähungen ist aufgrund der hastigen Futteraufnahme höher. |
3) Extensive Standweide
Bei der extensiven Standweide bleiben die Rinder über einen längeren Zeitraum oder auch für die komplette Weidesaison auf einer Weidefläche, die nicht oder nur wenig parzelliert ist. Da kein Umtrieb stattfindet, kann eine Unterbeweidung im Frühjahr und eine Überweidung im Herbst nur mithilfe des Tierbesatzes geregelt werden. Aufgrund der fehlenden Ruhezeiten zur Regeneration des Bewuchses muss die Fläche ausrechend groß sein. Der Anteil an Weiderest kann bis zu 70 Prozent betragen.
Vorteile der extensiven Standweide | Nachteile der extensiven Standweide |
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✔ Der Arbeitsaufwand und die Kosten für die Umzäunung sind gering, ebenso der Planungsaufwand. ✔ Die extensive Standweide führt zu ruhigem Verhalten innerhalb der Rinderherde. |
✖ Durch Über- oder Unterbeweidung kann die Grasnarbe ungleichmäßig werden, die Parasitenbelastung steigen und die Futterqualität schwanken. ✖ Bei Unterweidung besteht die Gefahr der Verunkrautung, wodurch die Futterleistung des Aufwuchses leidet. |
4) Kurzrasenweide/Intensive Standweide
Die Kurzrasenweide – auch Mähstandweide oder intensive Standweide – kombiniert die Vorteile von Umtriebsweide und Standweide. Hierbei wird die Weidefläche so häufig und intensiv beweidet, dass das Gras kontrolliert in einem kurzen Zustand bleibt und konstant nicht höher als fünf bis acht Zentimeter wird. Die Aufwuchshöhe muss einmal wöchentlich gemessen werden.
Die Kurzrasenweide wird in nur wenige Parzellen oder nicht unterteilt und ist meist über die komplette Weidezeit besetzt. Dabei wird die Fläche im Laufe des Jahres an den Futterbedarf und die Vegetationszeiten mehrmals angepasst und entsprechend vergrößert. Wenn benötigt dauern die Ruhezeiten für den Bewuchs höchstens eine Woche, dann sollte wieder ausreichend frisches Futter für die Rinder nachgewachsen sein.
Wird der Bewuchs zu hoch, kann die Fläche verkleinert oder der Tierbesatz erhöht werden. Andernfalls wird das Futter zu alt und von den Rindern nicht mehr so gern angenommen. Alternativ kann gemäht werden. Fällt die Bewuchshöhe unter fünf Zentimeter, sollte die Weidefläche erweitert, der Besatz verringert oder zugefüttert werden.
Vorteile der Kurzrasenweide | Nachteile der Kurzrasenweide |
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✔ Der Arbeits- und Materialaufwand hinsichtlich Zäunung und Umtrieb ist gering.
✔ Die Futterqualität bleibt über die gesamte Vegetationsperiode konstant hoch.
✔ Die Grasnarbe bleibt auch bei Nässe dicht und trittfest.
✔ Die Kurzrasenweide ist besonders geeignet für ebenes, intensiv nutzbares Grünland. ✔ Das Blährisiko ist niedrig. |
✖ Die Kurzrasenweide ist nur für ebenes Gelände geeignet. Auf hügeligen Flächen erhöht sich die Gefahr von Überdüngung an Liegestellen und Bodenverdichtungen.
✖ Eine intensive Weideüberwachung und das regelmäßige Messen der Aufwuchshöhe sind nötig. Ist das Gras zu niedrig (unter fünf Zentimeter), muss möglicherweise zugefüttert werden.
✖ Die Verteilung der Tränke- und Eintriebsstellen muss gut geplant werden, um Trittschäden zu vermeiden und die Verteilung der Ausscheidungen zu fördern. ✖ Aufgrund von weniger Bodenbeschattung ist die Kurzrasenweide bei Trockenheit weniger robust. |
5) Mob Grazing
Bei Mob Grazing (auch Holistic Grazing oder Rational Grazing) handelt es sich um ein Weidesystem, das erst seit Kurzem in Deutschland angewandt wird. Es imitiert das natürliche Weideverhalten großer Rinder-Herden, die auf der Suche nach Futter, langsam, aber kontinuierlich umherziehen. Dabei stehen nicht nur das Wohl der Tiere, sondern auch die Bodenverbesserung in trockenen Gebieten und Vegetationsphasen im Fokus.
Mob Grazing wird erst durchgeführt, wenn der Bewuchs auf der Weidefläche mindestens 20 Zentimeter hoch ist, den Boden so vor Trockenheit schützt und dank der langen Entwicklungszeit weniger proteinreich ist. Die Rinder – insbesondere Mutterkühe oder Fleischrinder – werden in einer hohen Besatzdichte und nur für sechs bis 24 Stunden auf eine kleine Parzelle geschickt. Aufgrund der Konkurrenz fressen die Tiere weniger selektiv. Da die Beweidung nur kurz andauert, kommt es nicht zur Überweidung. Niedergetrampelte Weidereste vermischen sich mit dem Dung der Tiere und bilden eine Mulchschicht, die den Boden vor Erosion und Austrocknung bewahrt und Humus anreichert. Im Anschluss folgt eine lange Ruhephase, in der sich der Bewuchs wieder vollständig erholen kann.
Vorteile von Mob Grazing | Nachteile von Mob Grazing |
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✔ Aufgrund der Höhe des Bewuchses vor und der Mulchschicht nach der Beweidung, ist der Boden vor Trockenheit besser geschützt.
✔ Die Tiere sind trotz des kurzfristigen Umtriebs entspannt.
✔ Da nur das obere Drittel der Pflanzen abgefressen wird, fällt der Parasitendruck geringer aus. ✔ Mob Grazing ist besonders geeignet für extensiv genutztes Grünland oder Ackerfutterflächen. |
✖ Der Planungs- und Arbeitsaufwand durch die tägliche Anpassung der Umzäunung sowie den häufigen Umtrieb ist hoch.
✖ Die Zusammensetzung des Ackerfutters muss kontrolliert werden, um das Blährisiko nicht zu erhöhen. ✖ Der Bewuchs sollte aus an Trockenheit angepasste Gräser und Tiefwurzler bestehen, die zugleich nährstoffreich sind. |

Saisonale oder ganzjährige Weidehaltung von Rindern
Die Unterschiede zwischen saisonaler und ganzjähriger Freilandhaltung von Rindern beziehen sich vor allem auf …
- die Dauer und Organisation der Weidezeit
- die Fütterung
- das Management der Tiere
- die Auswirkungen auf die Weiden
Saisonale Weidehaltung | Ganzjährige Weidehaltung | |
---|---|---|
Dauer der Weidezeit | Frühling bis Herbst | ganzjährig |
Stallhaltung | ja, im Winter | selten oder gar nicht |
Weidenutzung | Weiden ruhen im Winter | dauerhafte Beweidung |
Schutz vor Witterung | Stall | Unterstände |
Saisonale Weidehaltung
Bei der Saisonweide verbringen die Rinder nur einen Teil des Jahres auf der Weide, typischerweise in den warmen Monaten (Frühjahr bis Herbst). Im Winter oder bei ungünstigen Witterungsbedingungen (zum Beispiel bei anhaltenden Regenfällen oder Frost) werden die Rinder in Stallungen gehalten.
Vorteile im Winter | Nachteile |
---|---|
✔ Die Winterpause ermöglicht es der Vegetation auf der Weide, sich zu erholen.
✔ Die Kontrolle bei der Futterversorgung ist einfacher, die Rinder können gezielt mit Heu, Silage oder Kraftfutter versorgt werden. ✔ Die Tiere sind vor extremer Kälte und Nässe geschützt. |
✖ Die Haltung im Stall erfordert Investitionen in Gebäude, Einstreu und Futterlagerung.
✖ Das Ein- und Austreiben der Tiere sowie die Stallarbeit sind aufwendiger. |
Ganzjährige Weidehaltung
Bei der ganzjährigen Weidehaltung sind die Rinder das gesamte Jahr über auf der Weide, auch bei widrigen Witterungsbedingungen. Daher ist vorab eine gute Weideplanung notwendig. Für den Winter sind besondere Vorkehrungen zu treffen.
Vorteile | Nachteile im Winter |
---|---|
✔ Es wird weniger Infrastruktur für Stallhaltung benötigt.
✔ Der Stress für die Rinder beim beziehungsweise der Arbeitsaufwand für den Auf- und Rücktrieb entfällt. |
✖ Der Boden wird durch dauerhafte Beweidung stärker belastet und kann bei Regen oder Schnee leiden.
✖ Frostsichere Tränken, Schutzhütten und windgeschützte Bereiche sind erforderlich.
✖ Im Winter reicht das Weidegras nicht aus, daher müssen Heu, Silage oder andere Futtermittel auf der Weide zur Verfügung gestellt werden.
✖ Die Rinder können bei extremer Witterung (Kälte, Nässe) anfälliger für Krankheiten werden.
✖ Nicht alle Rinderrassen sind für die ganzjährige Weidehaltung geeignet. Bei kranken, alten oder Tieren ohne die entsprechende Kondition sollte eine Winterweide ausgeschlossen werden. |
Weidephasen und Flächenbedarf rund ums Jahr
Zeitraum | Das gilt es zu beachten | Weidefläche pro Rind | |
---|---|---|---|
Vorweide | ab März/April |
✔ Beginn der Vorweide hängt von Klima und Bodenbedingungen ab ✔ Gras sollte etwa 10 cm hoch sein ✔ langsame Gewöhnung der Rinder an das Weidefutter (sonst Verdauungsprobleme) ✔ Rinder evtl. nur stundenweise auf die Weide, auch um die Grasnarbe nicht zu stark zu belasten ✔ zusätzlich Winterrationen füttern |
Flächenbedarf pro Kuh etwa 0,27–0,5 ha |
Frühjahrsweide | ab Mitte April |
✔ Graswachstum steigt und erreicht gegen Ende der Phase seine höchste Wachstumsrate ✔ Zufütterung meist nicht mehr nötig |
Flächenbedarf pro Kuh etwa 0,16–0,25 ha |
Sommerweide | ab Anfang Juni |
✔ Graswachstum stagniert ✔ Vergrößerung der Weidefläche nötig ✔ Reservefutter für Trockenphasen einplanen (z.B. Ballensilage, Heu) ✔ an heißen Tagen besonders auf eine ausreichende Wasserversorgung und Schatten achten |
Flächenbedarf pro Kuh etwa 0,26–0,35 ha |
Herbstweide | ab Mitte August |
✔ Weidefläche muss nochmals vergrößert werden ✔ Trittschäden nehmen aufgrund erhöhter Bodenfeuchtigkeit zu ✔ Risiko für Blähungen steigt oftmals aufgrund des erhöhten Kleeanteils ✔ zusätzliche Fütterung z.B. durch Heu schrittweise steigern ✔ bei saisonaler Weidehaltung gegen Ende der Phase Rückführung des Viehs in den Stall |
Flächenbedarf pro Kuh etwa 0,35–0,5 ha |
Winterweide | ab Mitte November |
✔ Graswachstum kommt zum Erliegen; um die Versorgung weiterhin sicherzustellen, müssen im Vorfeld robuste Winter-Gräser eingeplant werden ✔ nur für gesunde, gut konditionierte Tiere geeignet ✔ nur bei belastbaren Bodenverhältnissen möglich ✔ Zugang zu Schutzmöglichkeiten für die Rinder (z.B. Unterstände mit Einstreu) ✔ Zufütterung vor allem mit Grobfutter ✔ frostsichere Tränken ✔ Winterkalbung sehr kontrollintensiv, wenn möglich vermeiden, ansonsten besondere Winter-Schutzmaßnahmen vornehmen (Unterstände) |
Flächenbedarf pro Kuh etwa 0,5–2 ha |

Weideausstattung für die Freilandhaltung von Rindern
Ob Zäune und Tore, Tränken, Raufen oder Pflegestände – die Ausstattung auf der Rinderweide muss vor allem eins sein: stabil, witterungsbeständig und leicht zugänglich. Doch welche Anforderungen und Vorschriften gelten hinsichtlich Hygiene, Sicherheit und Viehbesatz und worauf ist darüber hinaus zu achten?
Einzäunung – Das ist beim Zaunbau für die Rinderweide zu beachten
Das sichere Einzäunen bei der Weidehaltung von Rindern dient dem Schutz von Tier, Mensch und Umwelt und verhindert Ausbrüche und Unfälle. Bei der Wahl des richtigen Weidezauns, der Höhe des Zauns sowie der Anzahl und Abstände der Pfosten und Drähte (bei Elektrozäunen) sind unter anderem Kriterien zu berücksichtigen wie …
- Viehbesatz und Art der Rinder (insbesondere bei Jungtieren und Bullen)
- Weidesystem und Größe der Weidefläche
- Lage der Weide und Risikobereich (unter anderem Entfernung zu stark befahrenen Straßen)
- Nähe zum landwirtschaftlichen Betrieb (Stromversorgung über Batterie oder Netzgerät)
- mögliche Störungen
Elektrozäune haben sich in der Freilandhaltung von Rindern weitgehend durchgesetzt, da sie flexibel, kostengünstig und schnell auf- oder abzubauen sind sowie durch eine hohe Hütesicherheit überzeugen. Je nach Rinderart, Nutzung und Behaarung der Tiere sowie Gelände sollten die Spannung, Energie und Impulsdauer der elektrischen Weidezäune angepasst sein. Dabei dürfen die Zäune nur mit VDE-geprüften Weidezaungeräten betrieben werden. Deutlich sichtbare Warnschilder sind in Bereichen mit öffentlichem Zugang (zum Beispiel Wanderwege) verpflichtend. Elektrozäune sollten zudem blitzgesichert sein und täglich auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Wichtig ist es auch, Kälber, Jungtiere und Kühe vor der ersten Weide an Elektrozäune zu gewöhnen. Alle Sicherheits-Anforderungen und Vorschriften für elektrische Weidezäune sind in der DIN VDE 0131, VDE 0667 und DIN EN 60335-2-76 geregelt.
Massivzäune aus Holz, Metall oder Kunststoff sind stabile Varianten des Rinderzauns und werden oft in Kombination mit Elektrozäunen eingesetzt. Wichtig ist hierbei, dass die Kühe sich nicht verfangen oder verletzen können. Daher werden Knotengitterzäune und Stacheldraht nicht empfohlen. Die Nutzung von Stacheldraht als Elektronzaun ist untersagt.
Wasserversorgung bei der Freilandhaltung von Rindern
Für die Wasserversorgung muss Rindern auf der Weide kontinuierlich über die komplette Weidephase und hygienisch einwandfrei Trinkwasser bereitgestellt werden. Der tägliche Wasser-Bedarf beträgt bei erwachsenen Tieren im Durchschnitt etwa 50 bis 70 Liter und kann abhängig von Klima, Gewicht und Leistung auf bis zu 150 Liter ansteigen. Da Rinder oftmals keine weiten Strecken zurücklegen, sollten alle 50 bis 100 Meter Weidetränken vorhanden sein, sodass jedes Rind Zugang zum Wasser hat und Konkurrenzverhalten reduziert wird. Die Versorgung kann über verschiedene Einrichtungen erfolgen:
- Zentrale, stationäre Selbsttränken, Weidebrunnen und Tränkebecken haben sich bei der Wasserversorgung von Rindern bewährt. Mithilfe einer isolierten Wasserleitung oder beheizten Becken ist diese Variante der Weidetränken für Rinder auch bei Frost geeignet. Zentrale Tränken sind auch für größere Rinderherden gut geeignet, sofern es mehrere Becken mit ausreichend Fassungsvermögen gibt.
- Mobile Wasserbehälter: Kühe bevorzugen als Saugtrinker große, offene Wasserbehälter wie Bottiche, Tröge oder Wannen, in die sie das Maul zum Trinken eintauchen können. Diese müssen an schattigen Stellen aufgestellt, täglich frisch befüllt und regelmäßig gereinigt werden. Für den Winter sind sie nur eingeschränkt geeignet. Mobile Weidepumpen haben sich ebenfalls bewährt. Da sie jedoch von jungen Kälbern noch nicht betätigt werden können, müssen separate Kälbertränken installiert werden.
- Tränkewagen, Wasserwagen oder Weidetankwagen (auch in Kombination mit Selbsttränken oder Trögen) sind ebenfalls als mobile Tränken für Kühe auf der Weide geeignet, sofern der Boden befahrbar ist. Das Auffüllen ist jedoch mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbunden.
- Natürliche Gewässer: Sofern sie die Qualitätsstandards für Trinkwasser erfüllen, können auch stehende und fließende Gewässer genutzt werden. Das Wasser sollte mit einer Weidepumpe entnommen werden. Der direkte Zugang sollte den Rindern nicht möglich sein, um Verschmutzung und die Verbreitung von Parasiten zu vermeiden.
Grundsätzlich sollten alle Einrichtungen zur Wasserversorgung von Rindern kippsicher, leicht zu reinigen und gut zugänglich sein. Um Morastbildung, Trittschäden und Klauenerkrankungen zu vermeiden, sollte der Bereich um die Tränke mit trittfestem, wasserdurchlässigem Material befestigt sein. Bei mobilen Varianten werden die Weidetränken bestenfalls regelmäßig versetzt. Besonders vorteilhaft ist eine Platzierung auf leicht erhöhtem Gelände, um eine natürliche Wasserableitung zu unterstützen. Sie sollten täglich die Funktionsfähigkeit der Tränken überprüfen, insbesondere bei Frost. Schnee ist im Winter kein Ersatz für Wasser, weshalb zu dieser Jahreszeit eine frostsichere Wasserversorgung notwendig ist.
Fang- und Fixiereinrichtungen – Klauenpflegestand, Fanggitter & Co.
Fang- und Fixiereinrichtungen wie Fanggitter, Klauenpflegestand oder Fangkorb ermöglichen tierärztliche Untersuchungen und Behandlungen sowie die Pflege von Rindern in der Freilandhaltung. Um Verletzungen von Tier, Tierarzt und Landwirt zu vermeiden, muss die Bauweise eines Fang- und Pflegestands tiergerecht, stabil und von allen Seiten leicht zugänglich sein. Im Notfall muss die Fixierung mithilfe einer Notentriegelung schnell zu lösen sein.
Abhängig von der Größe der Weide sind die Fang- und Behandlungseinrichtungen mobil oder fest installiert. Für kleinere Herden reichen oftmals kompaktere Modelle, bei großen Herden sollte ein Sammelgehege (Korral) mit dem Behandlungsstand kombiniert werden. Bei allen Varianten muss der Untergrund, auf dem sich die Anlage befindet, fest und eben sein, um zu verhindern, dass die Konstruktion umkippt. Mithilfe von Lecksteinen oder Futter können die Rinder schrittweise an den Behandlungsstand gewöhnt und so später leichter für Klauenpflege, Impfungen, Gewichtskontrolle oder Kennzeichnung angelockt beziehungsweise über Eintreibetrichter oder Treibgänge hineingeführt werden.
Witterungsschutz – Natürliche und künstliche Unterstände
Langanhaltender Regen in Kombination mit starkem Wind, extreme Kälte, aber auch intensive Sonneneinstrahlung und Hitze können zu Unterkühlung oder Überhitzung der Kühe auf der Weide führen und Krankheiten oder Verletzungen begünstigen. Bei der Weidehaltung von Rindern muss daher für einen sicheren Unterstand, aber auch für trockene, geschützte Liegeplätze gesorgt werden, die nicht zu weit von einer Futterstelle entfernt liegen.
Dazu kommen natürliche, aber auch künstliche Unterstände infrage. Wichtig ist, dass ausreichend Schutz für alle Weidetiere zur Verfügung gestellt werden kann, der auch für rangniedrigere Kühe zugänglich ist oder (im Fall einer geschlossenen Weidehütte) ein Ausweichen ermöglicht.
- Natürlichen Witterungsschutz bieten Hecken, Bäume oder Waldstücke, sofern sie dicht genug sowie ganztägig und ganzjährig nutzbar sind. Einzelne oder unbelaubte Bäume reichen insbesondere im Winter nicht aus.
- Fehlen natürliche Möglichkeiten oder sind diese nicht in ausreichendem Maße vorhanden, sind künstliche Strohwände, Windschutzwände oder überdachte Unterstände mit einem wasserdurchlässigen Untergrund eine gute Alternative beziehungsweise Ergänzung. Mobile und fahrbare Unterstände sowie Weidezelte bieten den Rindern auch bei wechselnden Weideparzellen Schutz.
- Im Winter sollten in den Unterständen mithilfe von Sand, Stroh oder Holzhackschnitzel gegen die Kälte isolierende Liegeflächen geschaffen werden, da sich die Rinder nicht auf gefrorenem Boden ablegen und durch übermäßig langes Stehen schneller erschöpfen.
Fütterungseinrichtungen für zusätzliche Futter-Versorgung
Reicht der Bewuchs auf der Weide nicht aus – zum Beispiel in der vegetationsarmen Winterzeit, auf kleineren oder nährstoffarmen Flächen oder bei Hochleistungsrassen – kann es notwendig werden, zusätzliches Futter für die Rinder bereitzustellen. Wichtig ist hierbei, das Futter trocken, schimmelfrei und vor Witterungseinflüssen geschützt zu lagern.
Um die Versorgung der Rinder mit Raufutter, Silage, Kraft- und Mineralfutter sicherzustellen, sollten tiergerechte und funktionssichere Fütterungseinrichtungen vorhanden sein. Tröge, Raufen, Rundballenfütterer und spezielle Mineralfutterspender müssen stabil und sicher aufgestellt sein, idealerweise auf festem, ebenem Boden, um ein Umkippen zu verhindern. Rundballen werden vor dem Verfüttern von Schnüren befreit, um Verletzungen an den Ohren und Verdauungsstörungen zu verhindern.
Besonders in der Nähe stationärer Futterstellen sollte der Boden befestigt sein, um Morastbildung zu vermeiden und die Standflächen auch bei Nässe nutzbar zu halten. Bei mehrtägiger Vorratsfütterung sind Überdachungen oder geschützte Behältnisse erforderlich, damit das Futter vor Nässe und Verschmutzung bewahrt bleibt.
Weidetriebwege – Wege für den Austrieb und den Weidewechsel
Gut geplante und befestigte Triebwege ermöglichen auch bei Regen und Feuchtigkeit einen sicheren und schonenden Übergang der Rinder zwischen verschiedenen Weideflächen beziehungsweise zwischen Weide und Stall. Sie sollten auch bei dauerhafter Nutzung stabil und dauerhaft angelegt sein und die Bildung von Morast vermeiden. Hackschnitzel, Kunststoffgitter und -platten, Sand-Schotter-Gemische, ausrangierte Spaltenbodenelemente oder Asphaltwege sorgen – auch in Kombination – für einen rutschsicheren, klauenschonenden und trockenen Untergrund beim Weidegang.
Je nach Größe der Herde sollte die Breite der Triebwege angepasst sein. Bei kleineren Herden ist eine Breite von 1,8 bis 3,5 Metern ausreichend, bei größeren Herden sind drei bis fünf Meter ideal. Wenn die Tiere über Straßen wechseln müssen, sollten mobile Absperrungen oder menschliche Begleitung für zusätzlichen Schutz und einen stressfreien Ablauf sorgen.
Melken auf der Weide
Der Melkvorgang bei Milchkühen in Weidehaltung stellt Landwirte vor spezielle Herausforderungen. Die Kombination von Melken und Weidegang kann auf verschiedene Arten umgesetzt werden, wobei Faktoren wie Weidegröße, Distanz zum Melksystem und Herdengröße entscheidend sind.
- Mobile Melksysteme wie Weidemelkstände bieten flexible Lösungen für hofferne Weideflächen und sind für kleine bis mittelgroße Herden geeignet. Die Stromversorgung muss jedoch gewährleistet sein. Eine ungünstige Witterung kann den Melkvorgang erschweren.
- Die stallnahe Weide ermöglicht es den Tieren zum Melken in den Stall zurückzukehren. Dort kann der Melkvorgang entweder automatisiert oder konventionell vorgenommen werden.
- Melkroboter (automatische Melksysteme, AMS) können mit Weidehaltung kombiniert werden, wenn Anreize geschaffen werden, dass sich die Kühe selbstständig zum Melksystem begeben. Das AMS kann sich dabei im Stall oder aber stationär auf der Weide befinden. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Tiere den Melkroboter auch beim Wechsel auf eine andere Weidefläche erreichen können.

Weidefütterung
Eine der größten Herausforderungen bei der Freilandhaltung von Rindern ist die Abschätzung des Futterangebots. Rinder fressen am Tag zwischen 15 und 20 Kilogramm Trockenmasse (TS) beziehungsweise 50 bis 100 Kilogramm Gras. Bei Vollweide benötigen sie bis zu zehn Stunden, um diese Menge aufzunehmen. Allerdings schwankt die Grasaufnahme der Tiere. Auch kann der Futterwert von Weidegras abhängig von Standort und Jahreszeit variieren. Junges Gras im Frühling ist besonders energiereich und enthält viel Eiweiß, während im Sommer die Futterqualität abnimmt und das Gras härter und faserreicher wird. Eine regelmäßige Bewertung des Futters auf der Weide ist also wichtig, um Engpässe zu vermeiden. Dabei muss der Bedarf der Tiere berücksichtigt und gegebenenfalls die Fläche oder das Weidesystem angepasst werden.
Langsame Umgewöhnung
Der Wechsel von Stall- auf Weidehaltung sollte immer schrittweise erfolgen. Der Pansen der Rinder benötigt Zeit, um sich von einer energiereichen Stallration auf Weidegras umzustellen. Ein zu schneller Übergang kann zu Verdauungsproblemen wie Pansenazidose oder Durchfall führen. Idealerweise sollte die Umstellung in einem Zeitraum von etwa zehn bis 14 Tagen erfolgen, wobei die Tiere anfänglich nur in Form einer Stundenweide oder Halbtagsweide kurz auf die Weide gelassen werden und die Weidezeit nach und nach verlängert wird.
Abschätzung des Futterbedarfs und Anpassung der Rationen
Unter normalen Bedingungen können Rinder ihren Nährstoffbedarf aus Weidegras vollständig abdecken. Die Schwankungen im Laufe der Vegetationsperiode können beispielsweise durch Weidewechsel oder Anpassung der Besatzdichte ausgeglichen werden.
Je nach Rasse, Nutzungsart und/oder Witterungsbedingungen – zum Beispiel bei Trockenheit oder im Winter – kann es jedoch insbesondere bei hochleistenden oder hochtragenden Kühen sowie bei Masttieren nötig sein, zusätzlich Kraftfutter oder eiweißreiche Futtermittel anzubieten.
- Strukturreiche Futtermittel wie Heu, Stroh und Silage können als Ergänzung zu Weidegras gegeben werden, um die Strukturversorgung und die Pansengesundheit zu sichern. Besonders in Phasen mit geringer Weidequalität oder bei erhöhtem Nährstoffbedarf sollten sie verfügbar sein.
- Kraftfutter oder Milchleistungsfutter mit einem hohen Energiegehalt wird vor allem bei Hochleistungskühen und in der Mast gezielt angeboten, um die Energiezufuhr zu gewährleisten. Der Kraftfuttereinsatz sollte jedoch maßvoll sein, um eine Übersäuerung des Pansens zu vermeiden. Bei Vollweide ist er oftmals gar nicht nötig.
- Mineralfutter: Enthält das Weidefutter nicht ausreichend Mineralstoffe, sollte Mineralfutter zur freien Aufnahme oder als Zusatz im Kraftfutter bereitgestellt werden.
Mineralstoffversorgung auf der Weide
Eiweißreiches, rohfaserarmes Frühlingsgras, nährstoffarme Böden oder große Temperaturschwankungen können unter anderem zu Magnesiummangel oder Selenmangel und damit zu Stoffwechselerkrankungen und weiteren gesundheitlichen Auswirkungen für Rinder führen. Nährstoffreiches Zusatzfutter, Lecksteine oder Mineralstoffmischungen sichern die Versorgung mit lebenswichtigen Spurenelementen und Vitaminen. Regelmäßige Blutuntersuchungen durch den Tierarzt sowie Bodenanalysen können Hinweise auf potenzielle Mangelsituationen geben.

Tiergesundheit auf der Kuhweide
Auch wenn es bei der Weidehaltung von Rindern – abhängig von der Herdengröße – mitunter schwierig sein kann, müssen das Verhalten und der Körper der Tiere regelmäßig auf Auffälligkeiten überprüft werden, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und die Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Wie immer gilt hierbei: Vorbeugen – sofern möglich – ist besser als behandeln.
Zu den Strategien, um Tiergesundheit und Produktivität auf der Rinderweide dauerhaft zu sichern, zählen:
- Weidemanagement (zum Beispiel Mahdwechsel, Weiderotation und alternierende Weidung)
- Hygienemaßnahmen (zum Beispiel Reinigung der Weideausstattung, aber auch beim Tier in Form von Klauenpflege)
- Parasitenkontrolle (zum Beispiel Kotuntersuchungen, Einsatz von Antiparasitika)
- Gesundheitsvorsorge
- Stressreduzierung (zum Beispiel beim Weidewechsel, Schattenplätze, Wasserversorgung)
Bekämpfung von Endo- und Ektoparasiten
Parasiten wie Würmer, Milben oder Fliegen stellen eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Tiere dar. Zahlreiche Weidekrankheiten wie Weidekeratitis werden von Parasiten übertragen oder zumindest begünstigt. Vorbeugende Maßnahmen minimieren Schäden und wirtschaftliche Verluste. Dazu zählen:
- eine hygienische Weideführung (zum Beispiel die Auszäunung von Feuchtgebieten, da viele Parasiten Feuchtigkeit für ihren Lebenszyklus benötigen)
- regelmäßige Kotprobenuntersuchung (mindestens zweimal jährlich)
- medikamentöse Prophylaxe durch Entwurmungsmittel oder Impfungen
- die Behandlung betroffener Weidetiere, idealerweise in einem Behandlungsstand
Eine abgestimmte Bekämpfungsstrategie in Zusammenarbeit mit einem Tierarzt wird empfohlen.
Würmer und weitere Endoparasiten | Fliegen und andere Ektoparasiten |
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✔ Der Lungenwurm (Dictyocaulus viviparus) lebt in der adulten Form in der Lunge und im Darm von Rindern. Er wird vor allem über das Futter übertragen und verursacht unter anderem Husten, Fieber oder Sekundärinfektionen.
✔ Magen-Darm-Nematoden (Ostertagia ostertagi) befallen den Labmagen und führen zu Durchfall, Fressunlust und Gewichtseinbußen. Ein entsprechendes Weidemanagement sowie regelmäßige Entwurmungen können den Parasiten auf ein tolerierbares Maß eindämmen.
✔ Der Große Leberegel (Fasciola hepatica) befällt die Leber und Gallengänge der Tiere, wird jedoch oft erst bei der Schlachtung diagnostiziert. Er kann medikamentös behandelt werden, allerdings bestehen mittlerweile Resistenzen gegen einige Wirkstoffe. Die Optimierung der Wasserversorgung sowie das Fernhalten der Rinder von feuchten Stellen können dem Leberegel vorbeugen. |
Dassellarven, Weidefliegen, Hautmilben und Zecken zählen zu den bekanntesten Hautparasiten auf der Rinderweide. Sie führen nicht nur zu Hautentzündungen und zu Stress und Unruhe bei den Tieren, sondern übertragen auch verschiedene Rinderkrankheiten.
Bei der Fliegenbekämpfung auf der Rinder-Weide kann der Einsatz von Insektiziden oder natürlichen Repellentien hilfreich sein, wobei darauf zu achten ist, dass sich keine Resistenzen bilden. Insektizidhaltige Ohrmarken und Pour-On-Präparate haben sich bewährt. Eine gute Weidehygiene und sinnvolles Weidemanagement (zum Beispiel Nachtweide oder Trockenlegen feuchter Bereiche) kann den Befallsdruck reduzieren. |
Häufige Weide-Krankheiten bei Rindern*
- BHV-1 – auch als Bovines Herpesvirus bekannt – führt zu sinkender Milchleistung und Aborten, in der Folge jedoch auch zu Mastitis oder zeitweiser Deckunfähigkeit. Die Infektionskrankheit ist in Deutschland anzeigepflichtig.
- Bei BVD/MD (Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal Disease) handelt es sich um eine Viruserkrankung, die unter anderem zu Durchfall, Dehydration, Aborten oder Fehlbildungen bei Kälbern führen kann. Als Mucosal Disease verläuft die Erkrankung immer tödlich.
- Weidekeratitis wird durch Bakterien ausgelöst und ist eine ansteckende Hornhaut- und Bindehautentzündung bei Rindern. Zu ihren Symptomen zählen Tränenfluss, Augenrötung, Geschwürbildung und bei einem schweren Verlauf Erblindung. Fliegen, UV-Strahlung, Staub und kleine Hornhautverletzungen begünstigen die Infektion.
- Pyogenes-Mastitis (Sommer-Mastitis) ist eine Bakterieninfektion der Milchdrüsen und tritt häufig bei Weidehaltung auf. Fieber, geschwollene und harte Euter, blutig-eitriges Sekret oder Appetitlosigkeit sind Anzeichen für die Erkrankung.
- Trichophytie – auch Rinderflechte oder Kälberflechte – ist eine Pilzerkrankung der Haut, die mit krustenartigen Hautläsionen, Haarausfall, Juckreiz und Entzündungen einhergehen kann. Sie kann auch auf Menschen übertragen werden.
- Zu einer Pansenübersäuerung (Pansenazidose) kann es bei einer zu plötzlichen Umstellung auf Weidefutter kommen. Das noch junge Gras im Frühjahr ist sehr zuckerreich, wodurch der pH-Wert im Pansen schnell absinkt. Symptome könne Durchfall, Koliken oder Futterverweigerung sein.
- Weidetetanie (Magnesiummangel) tritt besonders im Frühling und Herbst auf und kann zum Abfallen der Milchleistung, zu Muskelkrämpfen oder Steifheit führen.
Klauenpflege bei der Weidehaltung
Gesunde Klauen sind essenziell für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Tiere. Auch wenn Rinder in der Freilandhaltung weniger von Klauenproblemen betroffen sind als in der Stallhaltung: Mindestens zweimal jährlich (vor und nach der Weidesaison) sind eine Kontrolle und Pflege der Klauen notwendig, um Fehlstellungen, Lahmheit und Infektionen zu vermeiden. Auch Klauenerkrankungen können so frühzeitig erkannt werden. Die Klauenpflege sollte fachgerecht in speziellen Klauenpflegeständen durchgeführt werden. Empfohlen wird der Besuch eines Klauenpflegekurses oder die Beauftragung eines professionellen Klauenpflegers beziehungsweise eines Tierarztes.
Vorschriften bei der Weidehaltung von Rindern
Die Weidehaltung von Rindern unterliegt klar definierten gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen, die sowohl tierschutzrechtliche als auch tierseuchenrechtliche Aspekte umfassen.
Von zentraler Bedeutung sind …
- das Tierschutzgesetz (TierSchG)
- die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV)
- das Gesetz zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz – TierGesG).
Sie regeln …
- die Sachkunde der Halter und Betreuer
- die Gesundheitsvorsorge und regelmäßige Kontrolle der Tiere
- die Fütterung und Pflege
- die Einhaltung von Tierschutzstandards
- Maßnahmen zur Vorbeugung, Bekämpfung und Meldung von Tierseuchen
Für die Kennzeichnung und Registrierung der Rinder gelten die Vorschriften der Viehverkehrsverordnung, für den Transport der Tiere die der Tierschutztransportverordnung. Die Entsorgung verendeter Tiere unterliegt dem Tierkörperbeseitigungsgesetz.
Checkliste für die Weideplanung
Das A und O für alle Landwirte, die ihre Rinder im Freiland halten möchten, ist eine sorgfältige Planung vorab. Die folgende Checkliste unterstützt Sie dabei, alle wichtigen Aspekte für die erfolgreiche und effiziente Beweidung zu berücksichtigen.
✔ Anzahl der Rinder | Wie viele Rinder sollen weiden? |
✔ Art der Rinder | Handelt es sich um Milchvieh, Fleischvieh, Zweinutzungsrinder? Besteht die Herde aus Kühen, Bullen, Jungtieren? Zu welcher Rasse gehören die Tiere? |
✔ Flächenbedarf pro Rind | Steht ausreichend Platz je nach Gewicht der Tiere und Weidesystem zur Verfügung? |
✔ Weidesystem | Wollen Sie die Umtriebsweide, Portionsweide, extensive Standweide, Kurzrasenweide oder Mob Grazing anwenden? |
✔ Weidedauer | Ist eine ganzjährige oder saisonale Beweidung vorgesehen, findet die Weide ganztägig, halbtägig oder stundenweise statt? |
✔ Topografie | Ist die Weidefläche eben? Hat sie Hanglage oder ist sie inhomogen? |
✔ Boden | Sind Bodenqualität und Bodenstruktur optimal? Ist der Boden tragfähig und weist er weder Verdichtungen noch matschige Bereiche auf? Sind Nährstoffgehalt und pH-Wert optimal für Graswachstum und Tiergesundheit? |
✔ Weidequalität & Nährstoffversorgung | Befinden sich auf der Fläche für die Tierernährung geeignete, standortangepasste Weidegräser? |
✔ Grashöhe & -dichte | Hat der Bewuchs die optimale Höhe und Dichte? |
✔ Weidepflege | Sind Mulchen, Nachsaat oder Unkrautmanagement notwendig? |
✔ Wasser- und Futterversorgung | Gibt es Zugang zu Wasser in Trinkwasserqualität? Sind Tränken und Futterstellen strategisch günstig und in ausreichender Zahl platziert? |
✔ Einfriedung & Sicherheit | Sind Weidezäune und Tore intakt und bieten keine Verletzungsgefahr? Sind die Zugänge und Wege für Tier und Mensch sicher begehbar? Gibt es Fang- und Fixiereinrichtungen auf der Weide? |
✔ Witterungsschutz | Sind schattenspendende Bäume, Hecken oder Weideunterstände zum Schutz vor Hitze, Wind oder Regen vorhanden? |
✔ Erkrankungsvorbeugung | Wurden Impfungen, Entwurmung und Parasitenmanagement konsequent durchgeführt? |
✔ Konditionsbeurteilung | Sind Gewicht und Gesundheitszustand inkl. Klauen der Rinder vor dem Weideaustrieb optimal? |
✔ Betreuung | Kann die tägliche Kontrolle der Rinder durch sachkundige Personen sichergestellt werden? Wie viel Zeit und Kosten sind für Material, Pflege und Infrastruktur eingeplant? |
Informationen zum Thema "Gesunde und vitale Rinder"
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* Haftungsausschluss: Diese Informationen zu Krankheiten in diesem Text stellen keine medizinischen Ratschläge dar und ersetzen keine medizinische Diagnose, Beratung und Behandlung diesbezüglich durch einen Tierarzt. Trotz größter Sorgfalt kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen werden.